Strahlender Sumpf - Atomlager Asse ausser Kontrolle?


Sie ist Deutschlands gefährlichste Atommülldeponie: Die Asse, ein altes Salzbergwerk in der Nähe von Wolfenbüttel in Niedersachsen. Vor über 40 Jahren übernahm der Bund die stillgelegte Anlage. Ziel war es, dort die Einlagerung von radioaktiven Abfällen zu erproben.

126.000 Fässer mit leicht und mittelschwer strahlendem Müll wurden zwischen 1967 und 1978 unter Tage geschafft. Dazu hochgiftige Pestizide und Arsen sowie Tierkadaver. Von Anfang an war die Asse heftig umstritten. “Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind Wassereinbrüche auszuschließen”, argumentierten die Befürworter. Kritiker warnten vor der Instabilität der Asse und befürchteten immense Auswirkungen für die Menschen in der Region.

Diese Gefahr wächst: 12.000 Liter Wasser dringen täglich durch die rissigen Salzschichten. Die Asse droht abzusaufen, wie es bei Schachtanlagen in unmittelbarer Nähe schon passiert ist. Noch sind die Wassermassen beherrschbar, das Risiko, dass Wasser mit radioaktivem Material in Kontakt kommt, ist aber vorhanden. In geringem Maße ist das schon passiert. Es könnte dann auch in die Umwelt gelangen.
“Atommüll hätte hier niemals eingelagert werden dürfen”, sagt Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz heute. Denn keiner kann sagen, ob nicht morgen oder übermorgen unaufhaltbare Wassermengen eindringen. Dann könnte das ganze Grubengebäude in sich zusammenbrechen.
Neue Gutachten versuchen zu beruhigen: Die bergmännische Stabilität der Schachtanlage sei bis 2020 gegeben. Eine Expertengruppe prüft derzeit verschiedene Optionen, wie die Asse saniert werden kann. “Aber man kann nur noch versuchen, die Beste unter den eigentlich schlechten Möglichkeiten zu finden”, sagt König.

Die Asse, eine tickende Zeitbombe?
Die Asse, ein Milliardengrab zu Lasten des Steuerzahlers?
Die Kernkraftwerksbetreiber, deren Müll in der Asse lagert, wollen sich finanziell nicht an der Sanierung des Bergwerks beteiligen. Ihr Argument: Sie wurden gebeten radioaktiven Abfall zu liefern, um die Endlagerung in der Asse zu testen. “Damit sei dieser Müll in die öffentliche Hand übergegangen”, erklärt der Präsident des Lobbyverbandes Deutsches Atomforum, Walter Hohlefelder.
Mehrere Krebsfälle unter ehemaligen Asse-Beschäftigten sind aufgetreten. Ob es einen Zusammenhang mit ihrer damaligen Arbeit gibt, wird derzeit vom neuen Betreiber der Bundesanstalt für Strahlenschutz geprüft.
Auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt. Um die Zustände in der Asse zu klären, wurde in Hannover ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss gegründet, dem auch Stefan Wenzel, der Fraktionsvorsitzende der Bündnis 90 / Die Grünen angehört. Er fragt sich: “Was führte dazu, dass eine ganze Generation von Wissenschaftlern, Wirtschaftsvertretern und beteiligten Politikern die Augen zu gemacht und nicht zur Kenntnis genommen haben, dass hier rechtswidrig, schlichtweg illegal Atommüll entsorgt wurde?” Die politische Verantwortung für das Desaster in dem maroden Bergwerk will niemand übernehmen, dabei waren etliche Behörden des Landes und des Bundes beteiligt.
Ob der Untersuchungsausschuss dazu Klarheit bringen wird?

Viele gelbe A’s zieren die idyllische Landschaft und Hauseingänge rund um die Asse.
A, das Zeichen für Widerstand, A, wie Aufpassen, A, wie Asse.
Die Frage nach den Schuldigen stellen sich auch viele Anwohner, wichtiger für sie aber, wie geht es weiter mit der Asse?
Auf die letzte Frage muss Wolfram König bald eine Antwort finden. König hat aber noch ein weiteres gewaltiges Problem. Er muss die verloren gegangene Glaubwürdigkeit wieder herstellen, die andere durch fatale Fehler in der Asse verspielt haben. “Asse ist eines der größten Umweltprobleme der Bundesrepublik. Asse ist aber auch Lehrbuch, ein Lexikon in dem man nachschlagen kann, wie man Endlagerung nicht lösen kann. Sicherheitsnachweise können nicht durch Glaubensbekenntnisse ersetzt werden, und das war hier der Fall und das wird in vielen anderen Fällen gerade wieder versucht”, so König. Gemeint ist Gorleben, auch ein Salzstock in Niedersachsen, 200 Kilometer entfernt von der Asse.

Produziert 2009 von:
Oliver Deuker
Malin Ihlau

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