Schwedens heile Atomwelt


Baden und fischen im Atom-Kühlwasser - kein Problem für die Schweden. Trotz massiver Störfälle im Heimatland von Vattenfall vertrauen sie ihren Behörden. Wenn Politiker und Betreiber sagen, Atomkraft sei sicher, dann wird das kaum in Frage gestellt.
Offene Türen im Atomkraftwerk - Für Kinder sind die Ausflüge in die künstlichen Höhlen von Oskarshamm eine kleine Abenteuerreise. In 450 Meter Tiefe, unter massivem Granitgestein und umgeben von einer fünf Zentimeter dicken Kupferkapsel und Flüssigbetonit soll hochradioaktiver Atommüll endgültig begraben werden. Mikroben sollen das unterirdische Depot sauerstofffrei machen. Denn ohne Sauerstoff kann das unablässig herein fließende Wasser dem Atommüllgrab nichts anhaben, behaupten die Forscher. Schließlich muss die Kupferkapsel mindestens 100 000 Jahre halten. Dann erst lässt die Strahlung nach. Im Vergleich zur Erdgeschichte wäre das doch eine kurze Zeit.

In einer Ausstellung können die Kinder beobachten, wie Brennstäbe eingebuddelt werden. Hunderte von kleinen schwarzen Uranpellets befinden sich in den Brennstäben. Jedes einzelne schwarze Bonbon hat die Energie von 800 Litern Erdöl. 10 000 bis 12 000 Besucher kommen jedes Jahr. "Diese offenen Türen sind sicherlich ein Grund dafür, dass die Menschen in Schweden Atomenergie positiv sehen. Jeder kann uns besuchen", sagt unsere Führerin Jenny Rees.

Die Bewohner von Oskarshamm haben ihren Ort auch als Deponie für Atommüll angeboten, das erste Endlager für hochradioaktiven Müll weltweit. Und sie waren enttäuscht, als die Entscheidung gegen ihren Ort fiel.

Ausstieg aus dem Ausstieg der Atomenergie - Vor 30 Jahren, nach dem Störfall im US-Atomkraftwerk Harrisburg, stimmten die Schweden per Volksentscheid für den Ausstieg aus der Atomenergie. Der wurde jedoch nie vollzogen, im Gegenteil. Mittlerweile gewinnt das Land rund die Hälfte seines Energiebedarfs aus der Atomkraft.
Eine Mehrheit der Schweden will nach Umfragen weiter die Kernenergie nutzen, trotz der Beinahe-Katastrophe am 25. Juli 2006: Im Kernkraftwerk Forsmark fiel in einem der Reaktoren der Strom aus. Nur mit viel Glück wurde eine Kernschmelze verhindert. Dann wären radioaktive Stoffe in Grundwasser und Atmosphäre gelangt.

Alternative Energien - Dabei hätten die Schweden durchaus Alternativen. Schon heute stammen 50 Prozent der verwendeten Energie aus Wasserkraft. Auch hier besitzt Vattenfall quasi das Monopol. In Älvkarleby laufen seit 100 Jahren Turbinen, die zuverlässig und umweltfreundlich Strom liefern.

Auch aus Wind wird Strom gewonnen. Dennoch gibt es Widerstände gegen Regierungspläne, die Windkraft auszubauen. Die neuen Windräder mögen die Schweden nicht in ihrer Landschaft. Da arrangieren sie sich lieber mit der Atomkraft.

Nach den jüngsten Beschlüssen der konservativen Regierung sollen die Atomkraftwerke vorerst nicht stillgelegt werden. Allerdings sollen alte Reaktoren durch neue ersetzt werden. Dabei sind die Sicherheitsauflagen hoch. Die alten Atomkraftwerke sind für die Betreiber reine Geldesel. Sie machen hohen Gewinn ohne große Investitionen. Und Angst vor einem zweiten Tschernobyl haben die Schweden wohl nicht.

Produziert 2009 von:
BR - Kompass

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