DDR geheim - Die Atomwaffen der DDR


Ein Film von Michael Erler

Teil 1 - Geheimoperation Fürstenberg
Eine Dezembernacht 1958: Russische Kommandos, schwer bewaffnete Soldaten riegeln Straßen und Orte ab. Eine gespenstische Szenerie. Riesige Zugmaschinen sind in Richtung Fürstenberg unterwegs, die angehängten überlangen Lafetten mit Plane verhüllt. Damit beginnt die wohl geheimste und brisanteste Militäraktion auf deutschem Boden nach dem zweiten Weltkrieg. Die Sowjets stationieren, knapp 100 Kilometer nördlich Berlins, in Vogelsang und Fürstenberg, Mittelstreckenraketen. Vier Monate später treffen auf dem Flugplatz Templin die zugehörigen Atomsprengköpfe ein, jeder zwanzigmal stärker als die Hiroshimabombe. Weder NVA-Führung noch DDR-Regierung sind eingeweiht.

Unter strengsten Sicherheitsbedingungen wird die hoch gefährliche Fracht in Bunker transportiert und startklar gemacht. Wenn diese Bunker auch von DDR-Firmen gebaut wurden, ihren tatsächlichen Verwendungszweck ahnte niemand, wie sich ein ehemaliger Bauarbeiter erinnert. Ungezählte technische Pannen gibt es. Auch zu einem schweren Unfall kommt es, wie jetzt aufgetauchte sowjetische Akten belegen und ehemalige Angehörige der Raketeneinheiten zu berichten wissen. Obwohl die Stationierung raffiniert getarnt ist, werden BND-Informanten aufmerksam und schicken Berichte nach Westberlin. Der CIA ist sensibilisiert und beobachtet verstärkt. Doch das wahre Ausmaß der Raketenbedrohung bleibt im Dunkel des Geheimen, wie jetzt veröffentlichte Akten des CIA belegen.
Der erste Teil der zweiteiligen MDR-Reportage "Die Atomwaffen der DDR" skizziert anhand bislang unbekannter brisanter Details und Dokumente neue Sichten auf dieses weltpolitische Abenteuer. Erstmals veröffentlichte Bilder aus den martialisch-atomaren Beton-Unterwelten erzählen von gefährlichem Alltag. Ehemalige Zeitzeugen erinnern sich an Ängste und Befehle. Und ein Gegner von damals, CIA-Spion Charles Tuten, spricht über Schwierigkeiten der amerikanischen Aufklärung.


Teil 2 - Eskalation und Abzug
Anfang 1969 zwischen Fürstenberg und Lychen im Brandenburgischen: Tag und Nacht gelangen Betonteile und Baumaterial in ein mehrfach abgeriegeltes Gebiet im Wald. Niemand ahnt wozu, und selbst die Bauleute, Spezialisten der Nationalen Volksarmee der DDR, wissen nicht, dass sie hier nahe einem winzig kleinen Ort mit dem schönen Namen "Himmelpfort" an einem todsicheren Weg in die Hölle basteln. Es ist eine der geheimsten und brisantesten Baustellen der DDR. Am 06. Dezember 1969 übernimmt der sowjetische KGB das mittlerweile fertig errichtete Militärgelände und lagert in zwei riesigen Bunkern Atomsprengköpfe für Mittelstreckenraketen, die gefährlichsten Waffen in der eskalierenden Ost-West-Konfrontation in Europa. Nur der innerste NVA-Führungszirkel weiß davon. Ein besonders makaberes Detail: Die meisten der hier lagernden Atomwaffen sind für die NVA selbst bestimmt. Im Kriegsfall wollen die Sowjets sie an die Raketentruppen der NVA ausgeben, gedacht zum Abschuss auf den westdeutschen Gegner. Dass die NVA und die DDR mit solch einem Schritt durch den unausweichlichen Gegenschlag die eigene Vernichtung heraufbeschwören würde, schert die Sowjets zu dieser Zeit wenig.

Deutschland und Mitteleuropa sind in ihren militärstrategischen Planungen ohnehin Kriegsschauplätze, die im Ernstfall dem sicheren Untergang geweiht sind. Seit Anfang der sechziger Jahre lagert die Rote Armee immer mehr nukleare Waffen in der DDR, baut hier ihre schlagkräftigste Armee außerhalb der eigenen Grenzen auf. Atomwaffen spielen die entscheidende Rolle in den militärischen Planspielen zur Eroberung Westeuropas. Niemand außer der sowjetischen Militärführung weiß genau, wie viele und wo die Atomwaffen in der DDR lagern. Auch westliche Geheimdienste tappen im Dunkeln. Mit der Wende und dem Zusammenbruch der Sowjetunion wird dieses riesige Bedrohungspotential plötzlich überflüssig. Die Sowjets ziehen ihre Atomwaffen ab, genauso klammheimlich wie sie sie hergeschafft haben.

Produziert 2006 von:
MDR
Michael Erler

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